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BAG: sachgrundlose Befristung kann rechtsmissbräuchlich sein

Liebe Leserinnen und Leser,

Auf dem Arbeitsmarkt sind Teilzeitbeschäftigungen und Befristungen mittlerweile Gang und Gäbe. Teilzeitverträge erlauben die Flexibilisierung der Arbeitszeiten für Arbeitnehmer(innen) und Arbeitgeber während Befristungen bei einem vorübergehend auftretenden Arbeitskräftebedarf ihre Hauptanwendung haben. Das wohl bekannteste Beispiel für eine (Zweck-) Befristung ist die „Schwangerschaftsvertretung“.

Bei den Befristungen sieht das Gesetz zwei Varianten vor: die Sachgrundlose Befristung und die Befristung mit sachlichem Grund („Zweckbefristung“). Die Sachgrundlose Befristung erfolgt kalendermäßig. In der Regel ist die Grenze zwei Jahre. Bei Arbeitnehmern, die 52 Jahre alt oder älter und mindestens vier Monate beschäftigungslos waren, kann auf bis zu fünf Jahre befristet werden. „Start-ups“, also neugegründete Unternehmen sind bis vier Jahre privilegiert.

 

Gegen die Befristung kann geklagt werden

Die Klägerin in unserem Fall war aufgrund eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags bei einer ARGE als Arbeitsvermittlerin nur an einer Dienststelle beschäftigt und von der Mitgliedsgemeinde, bei der sie vorher beschäftigt war, dort eingesetzt worden. Der Arbeitsvertrag sollte vom 1.1.2009 bis 31.12.2010 dauern. Nach dem Ende dieses Vertrages argumentierte die Klägerin, diese Befristung sei unzulässig, weil der Dienstherr im Zusammenwirken mit der Bundesagentur für Arbeit lediglich das sogenannte „Anschlussverbot“ umgehen wollte. Das Gesetz über Teilzeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) regelt in seinem Paragraf 14 Abs. 2 nämlich auch: „Eine Befristung ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“

Nachdem sowohl Arbeitsgericht  wie auch Landesarbeitsgericht (LAG) (hier LAG Köln, 4 Sa 1184/11) die (Entfristungs-) Klage der Mitarbeiterin abgewiesen hatten, sah das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Rechtslage differenzierter als die Vorinstanzen (Az. 7 AZR 290/12). Das Anschlussverbot greife zwar nur, wenn die Vorbeschäftigung mit demselben Arbeitgeber bestand, das sei hier nicht der Fall, da die Bundesagentur und die Gemeinde verschiedene juristische Personen sind. Das BAG wertet die Vertragsgestaltung jedoch als rechtsmissbräuchlich, weil die „rechtlich und tatsächlich verbundenen Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit einem Arbeitnehmer ausschließlich deshalb schließen, um über die vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können“.

Von einer rechtlichen und tatsächlichen Verbundenheit der Gemeinde und der Bundesagentur für Arbeit ist auszugehen, betont das BAG. So werden die rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen zwischen der von der Bundesagentur mitgetragenen ARGE und der Gemeinde bei der Bestimmung über Personalkostenerstattung aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag , der zur Errichtung der ARGE geschlossen wurde, deutlich. Besonders ergibt sich diese Verbindung aus der nach Par. 44b Sozialgesetzbuch II (SGB II) vorgegebenen – einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende durch deren Träger, die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen.

Weil das LAG noch Feststellungen zu treffen hat, und der Gemeinde die Möglichkeit gegeben werden muss im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast, die Indizien der rechtsmissbräuchlichen Gestaltung des Arbeitsvertrages, insbesondere durch die Befristung, zu erschüttern, hob das BAG das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück.

Arbeitgeber müssen aufgrund dieses Urteils des BAG ganz besonders sorgsam prüfen, ob eine Befristung zulässig ist, wenn Arbeitnehmer in Arbeitsgemeinschaften oder organisatorischen Zusammenschlüssen mehrerer Unternehmen beschäftigt werden, auch wenn der formale Arbeitgeber wechselt und auf den ersten Blick deswegen gerade keine Anschlussbeschäftigung vorzuliegen scheint.

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