Die Medienberichterstattung über den Mitarbeiter "bei Audi", der sich gegen die Verpflichtung gewandt hat, in…
Das neue Nachweisgesetz – mehr Aufwand für Arbeitgeber bei neuen Arbeitsverträgen
Am 23.06.2022 fand am späten Abend im Deutschen Bundestag die zweite und dritte Lesung eines Gesetzentwurfs statt (BTDrs. 20/1636), das letztlich in großer Eile beschlossen wurde. Durch dieses Gesetz werden Bestimmungen des Nachweisgesetzes, des Berufsbildungsgesetzes, der Handwerksordnung, der Gewerbeordnung, des Teilzeit- und Befristungsgesetzes und anderer Gesetze beschlossen. Die Änderungen treten mit Wirkung zum 01.08.2022 in Kraft.
Europa fordert mehr Transparenz
Die Änderungen werden in die Fachliteratur eingearbeitet. Ab der 102.Auflage der Gesetzessammlung „Arbeitsgesetze“ (Beck-Texte im dtv) wird die Neufassung sehr wahrscheinlich abgedruckt, für die am 17.08.2022 erwarteten 101. Auflage dürfte es wegen des Redaktionsschlusses für diese Ausgabe „zu knapp“ sein. Der Erwerb dieser 102.Auflage bzw. späterer Auflagen ist sehr empfohlen. Das Nachweisgesetz wurde in § 2 Absatz 1 (Nachweispflicht) von bisher 10 Ziffern auf 15 Ziffern erweitert. Dabei unterliegen die nachzuweisenden Bestimmungen einem dreifach gestaffelten Fristenregime.
Auslöser für die umfangreichen Änderungen ist die europäische Richtlinie (Nr. 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.Juni 2019 übertransparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union). Der Bundesgesetzgeber hatte Zeit zur Umsetzung bis 01.08.2022.
15 Punkte für neue Verträge zu beachten
Nach der Neufassung nachzuweisen sind folgende Inhalte (verkürzte Darstellung):
1.) Name und Anschrift der Vertragsparteien
2.) Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
3.) Bei befristeten Arbeitsverhältnissen: Enddatum oder vorhersehbare Dauer
4.) Der Arbeitsort oder falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann
5.) Beschreibung der zu leistenden Tätigkeit
6.) Sofern vereinbart: Dauer einer Probezeit
7.) Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts, Vergütung von Überstunden, Zuschlägen, Zulagen, Prämien, Sonderzahlungen, andere Bestandteile, Prämien, Sonderzahlungen, andere Bestandteile, Fälligkeit und Art der Auszahlung
8.) Vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten, bei Schichtarbeit das Schichtsystem, Schichtrhythmus, Voraussetzungen für deren Änderung
9.) Bei Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG), u.a. Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden
10.) Sofern vereinbart: Die Möglichkeit Überstunden anzuordnen und deren Voraussetzung
11.) Die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubes
12.) Etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
13.) Bei betrieblicher Altersversorgung über einen Versorgungsträger: der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers, falls nicht der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist
14.) Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Erhebung einer Kündigungsschutzklag; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden
15.) Ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen (…)
verschiedene Fristen
Neu eingefügt wurde ein „Fristenregime“ in § 2 Absatz 1 Satz 3 NachwG (n.F.) wonach einige Bestimmungen bereits am ersten Tag, andere Bestimmungen am siebten Tag und noch 4 andere Bestimmungen innerhalb eines Monats nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses „niederzulegen“ sind. Die „Niederschrift“ über die Arbeitsbedingungen hat der Arbeitgeber schriftlich abzufassen, zu unterzeichnen und die Niederschrift (Vertrag) dem Arbeitnehmer zu übergeben. Spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung nachzuweisen sind die Regelungen der Nummern 1, 7 und 8. Spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn sind nachzuweisen die Regelungen der Nummern 2, 3, 4, 5, 6, 9 und 10. Spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn sind nachzuweisen die Regelungen der Nummern 11 – 15.
Bußgeld droht – der Zoll ist zuständig
Auch hat der Gesetzgeber die vormals als „Empfehlung“ formulierten Bestimmungen des Nachweisgesetzes nun verpflichtend gestaltet und mit Bußgeld belegt. Für die Überwachung der Einhaltung des (neuen) Nachweisgesetzes ist der Zoll. § 4 n.F. des Nachweisgesetzes lautet:
„§ 4 Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer
1. entgegen § 2 Absatz 1 Satz 1 eine in § 2 Absatz 1 Satz 2 genannte wesentliche Vertragsbedingung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigt,
2. entgegen § 2 Absatz 2, auch in Verbindung mit Absatz 3, eine dort genannte Niederschrift nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig aushändigt oder
3. entgegen § 3 Satz 1 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro geahndet werden.“
Altverträge sind „privilegiert“
Nach § 5 n.F. des Nachweisgesetzes gilt nun:
„Hat das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. August 2022 bestanden, so ist dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen spätestens am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber die Niederschrift mit den Angaben nach § 2 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 10 auszuhändigen; die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach § 2 Absatz 1 Satz 2 ist spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen.“
Das bedeutet, dass bereits bestehende Arbeitsverträge nur dann auf die Erfordernisse des neuen Nachweisgesetzes „angepasst“ bzw. „nachgebessert“ werden müssen, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber dazu auffordert.
Bei Fragen rund um Ihre Arbeitsverträge – schreiben oder rufen Sie mich gerne an.