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Offenbarungspflicht bei Schwangerschaft?

Gibt es eine „Offenbarungspflicht“ bei Schwangerschaft? Muss eine schwangere Frau dem Arbeitgeber mitteilen, dass sie schwanger ist, oder kann sie das für sich behalten?

Wäre die Frage danach zulässig…

Es bleibt der schwangeren Frau überlassen, ob und wenn ja wann sie ggf. eine Schwangerschaft dem Arbeitgeber mitteilt.

Das hat den Hintergrund, dass eine Frage nach der Schwangerschaft nach einem Urteil des EuGH sogar dann unzulässig ist, wenn eine Gefährdung des ungeborenen Kindes in der Tätigkeit der Frau bestehen würde (Bsp. schwangere Ärztin in der Nuklearmedizin). Sie können sich für die Frage nach der „Offenbarungspflicht“, was ja mit anderen Worten nur heißt, muss ich ehrlich sein und auf meinen Arbeitgeber mit der Information von mir aus zugehen, danach orientieren, ob eine Frage des Arbeitgebers zulässig wäre, würde sie z.B. in einem Vorstellungsgespräch gestellt werden.

„sind Sie schwanger?“

Diese Frage mutet doch recht „übergriffig“ an. Wenn Sie in einem Vorstellungsgespräch nach Heiratsabsichten, Kinderwunsch oder ob Sie Sonntags in die Kirche gehen, gefragt würden, dürften Sie den (potentiellen) Arbeitgeber frank und frei anlügen. Fragen, die nicht mit der Qualifikation für die erstrebte Anstellung zu tun haben und in den Privat- oder Intimbereich hineinreichen, darf der Arbeitgeber nicht stellen. Ausnahmen gelten nur für die „Tendenzbetriebe“: so darf die katholische Kirche als Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern ein Bekenntnis zu diesem Glauben erfragen und einfordern, eine politische Partei wird sich als Kreisgeschäftsführer oder Wahlkampfmanager keinen glühenden Anhänger einer konkurrierenden Partei anheuern.

Diskriminierung nach dem Geschlecht…

Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich einer Schwangerschaft nahm das Bundesarbeitsgericht 1988 in einem Fall an, in dem ein Beschäftigungsverbot nach § 8 MuSchG 2002 (jetzt: § 5 MuSchG) bestand und bei Vertragsabschluss mit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 8 Abs. 6 MuSchG 2002 (jetzt: § 29 Abs. 3 Nr. 1 MuSchG) nicht zu rechnen war. In einem Fall in der Rechtsprechung gibt es um eine „Nachtwache“ in einem weiteren Fall um eine Ärztin in der Nuklearmedizin. Im letzteren Fall war die Ärztin schwanger und die Richter argumentierten, dass der Schutz des ungeborenen Lebens eine Einstellung hindere bzw. der Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber angefochten werden dürfe.

Das sah der EuGH anders. Vereinfacht gesagt stellten die europäischen Richter die Frage:

„würde der Arbeitgeber eine solche Frage auch einem Mann stellen?“

Falls diese „Zwischenfrage“ verneint wird, wissen Sie ziemlich genau, dass es sich um eine Diskriminierung nach dem Geschlecht handelt. Mit anderen Worten: Wenn bereits die Frage nach der Schwangerschaft unzulässig ist, kann erst recht keine entsprechende Offenbarungspflicht im bestehenden Arbeitsverhältnis bestehen

Schutz vor Kündigung

Würde der schwangeren Mitarbeiterin gekündigt, z.B. weil der Arbeitgeber nicht von der Schwangerschaft weiß (Kündigungsverbot nach § 17 MuSchG), so kann die schwangere Mitarbeiterin noch bis zu zwei Wochen nach Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber mitteilen, dass sie schwanger ist. Ein ärztliches Attest über die Schwangerschaft ist zu empfehlen.

Schutz in der Beschäftigung

Ergeben sich durch die Arbeit in der Schwangerschaft gesundheitliche Gefahren oder Probleme, durch die die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet werden, so kann ein Arzt nach § 16 MuSchG ein sogenanntes Beschäftigungsverbot aussprechen. Dieses Beschäftigungsverbot kennt verschiedene Abstufungen.

Es kann jegliche Beschäftigung der Schwangeren für die ganze Dauer der Schwangerschaft bis zur Entbindung verbieten (totales Individualverbot). Die ärztliche Bescheinigung kann sich aber auch darauf beschränken, die Beschäftigung nur für eine vorübergehende Zeit (bis zur Behebung der gesundheitsgefährdenden Beschwerden) oder mit bestimmten gesundheitsgefährdenden Arbeiten zu untersagen oder lediglich die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit zu verkürzen. Bei diesen partiellen Beschäftigungsverboten wird der Arbeitgeber ggf. einen Ausgleich durch Zuweisung anderer, nicht gesundheitsgefährdender Beschäftigung innerhalb seines Betriebes schaffen können, so dass die Schwangere weiterbeschäftigt werden kann.
(vgl. Erbs/Kohlhaas/Häberle, 240. EL April 2022, MuSchG § 16 Rn. 4)

Zwischen Arbeitgeber und der schwangeren Mitarbeiterin sollte hierüber ein offener Dialog stattfinden, denn die Gesundheit kann sich im Laufe der Schwangerschaft verändern und der Schutz von Mutter und Kind kann erforderlich werden, auch wenn die Schwangerschaft zunächst ganz problemlos begonnen hat. Deshalb sollten Arbeitbeber ihre schwangeren Mitarbeiterinnen ermuntern, regelmäßig den Arzt aufzusuchen. Nach den Mutterschutzfristen und ggf. der Elternzeit gewinnt der Arbeitgeber in den allermeisten Fällen eine zufriedene Mitarbeiterin zurück.

Bei Fragen rund um Arbeit und Beschäftigung – schreiben Sie mir oder rufen Sie mich an.

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