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Wenn Geschäftsführer von weit her anreisen…

Ein aufgeregter Anruf einer Mitarbeiterin eines großen Deutschen Konzerns hat gezeigt, wie es in den Betrieben aktuell „auf und zu geht“. Die Mitarbeiterin berichtete mir, dass „extra“ der „große Geschäftsführer“ vom anderen Ende der Republik angereist kam, um zu verkünden, dass der Konzern (Tätigkeitsschwerpunkt Gesundheitswesen) Personal abbauen müsse.

unterschreiben Sie hier, sonst…

Die Mitarbeiterin ist seit 13 Jahren im Betrieb und wurde vor die „Wahl“ gestellt –

„unterschreiben Sie hier, sonst gehen wir mit Ihnen vor Gericht und Sie müssen die Kosten tragen“.

Aus einem Mitarbeitergespräch zwischen Geschäftsführer und Mitarbeiterin

Zu unterschreiben war eine Abwicklungsvereinbarung, die nach erfolgter Kündigung des Arbeitsverhältnisses so „nette“ Regelungen enthielt, wie eine „Klageverzichtsklausel“, eine Freistellung von der Arbeit bis zum Ende der Kündigungsfrist, eine Verschwiegenheitsklausel und eine „Generalquittung“.

… verklagen wir Sie und Sie tragen..

Die angebotene Abfindung liegt weit unterhalb dessen, was bei einer Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen zu zahlen gewesen wäre. Par. 1a Kündigungsschutzgesetz sieht gerade einen solchen Fall vor – der Betrieb muss dringend Personal abbauen, will Klagen vor dem Arbeitsgericht vermeiden und bietet dafür dem betroffenen Mitarbeiter eine Abfindung an. Diese beträgt dann aber „nach der Faustformel“, die hier in Gesetz gegossen wurde, 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr; das wären in unserem Fall statt der in der Abwicklungsvereinbarung geschriebenen 4.000 Euro doch rund 15.000 Euro.

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

https://www.gesetze-im-internet.de/kschg/__1a.html

die Kosten vor dem Arbeitsgericht !

An Dreistigkeit schwer zu überbieten ist die von der Mitarbeiterin wiedergegebene Aussage des Geschäftsführers, der gesagt habe, dass die betroffene Mitarbeiterin vor Gericht gezerrt würde und dann auch noch die Kosten des Gerichtverfahrens zu tragen hätte. Die Einschüchterung hatte funktioniert, die Mitarbeiterin unterschrieb die Abwicklungsvereinbarung.

Dabei ist die Aussage des Geschäftsführers zu angeblichen Gerichtskosten, die die Mitarbeiterin zu tragen habe, in dieser Form schlicht falsch. Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist – jedenfalls in der ersten Instanz – kostenprivilegiert. Nach Par. 12a Arbeitsgerichtsgesetz kann die andere Partei im Verfahren der ersten Instanz keine Kosten verlangen, auch wenn sie gewinnt. Das hielte ich aber in diesem konkreten Fall für die Arbeitgeberseite für sehr unwahrscheinlich!

Betriebsrat und Anwalt einschalten

Den betroffenen Mitarbeitern kann daher nur geraten werden, nichts zu unterschreiben, bevor sie nicht mit dem Betriebsrat und einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt gesprochen haben.

Bei Fragen Rund ums Arbeitsrecht – ich helfe Ihnen gern.

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