Am 23.06.2022 fand am späten Abend im Deutschen Bundestag die zweite und dritte Lesung eines Gesetzentwurfs…
Kündigung in der Probezeit – Vorsicht bei Schwerbehinderung
Wenn in einem Arbeitsvertrag eine Probezeit vereinbart ist, gilt in der Regel eine völlige Kündigungsfreiheit sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber. Für die Dauer von maximal sechs Monaten können die Vertragsparteien vereinbaren, dass in der Probezeit das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Was aber, wenn es sich bei dem zu kündigen den Arbeitnehmer um einen Mitarbeiter mit einer Schwerbehinderung handelt? Dieser Fall beschäftigt aktuell das Arbeitsgericht Kempten am Gerichtstag in Lindau am Bodensee.
Kündigung in der Probezeit
Der Arbeitgeber in unserem Fall hatte Bedenken hinsichtlich der Eignung des Mitarbeiters für die vertraglich geschuldete Tätigkeit aufgrund einer krankheitsbedingten Leistungseinschränkung, die mit der Schwerbehinderung des Mitarbeiters zusammenhängt. Deshalb kündigte der Arbeitgeber nach Anhörung des Betriebsrates das Arbeitsverhältnis innerhalb vereinbarter Probezeit.
EuGH fordert zum Schutz von Schwerbehinderten ..
Eine Kündigungsschutzklage gegen eine Probezeitkündigung hat in aller Regel keine Aussicht auf Erfolg. Hier lag der Fall jedoch anders. Der Arbeitgeber hatte verabsäumt, bei bekannter Schwerbehinderung des Klägers im Sinne der neueren Rechtsprechung des EuGH „angemessene Vorkehrungen“ zu treffen, um den Kläger auf einer anderen, leidensgerechten Stelle bzw. zu leidensgerechten Bedingungen, so z.B. unter Verzicht auf Schichtdienst, zu beschäftigen.
… vom Arbeitgeber angemessene Vorkehrungen
Nach Ansicht des EuGH impliziert der Begriff „angemessene Vorkehrungen“, dass ein Arbeitnehmer auf einer anderen Stelle einzusetzen ist. Dies gilt auch dann, wenn er nach seiner Einstellung eine Probezeit absolviert hat und anschließend aufgrund seiner Behinderung für ungeeignet erklärt wurde, die wesentlichen Funktionen seiner bisherigen Stelle zu erfüllen. Hierbei muss er die notwendige Kompetenz, Fähigkeit und Verfügbarkeit aufweisen, sofern der Arbeitgeber durch diese Maßnahme nicht unverhältnismäßig belastet wird, z.B. durch den Einsatz des Mitarbeiters auf einem anderen Arbeitsplatz. Dies hat der Arbeitgeber in unserem Fall versäumt. Wie das Arbeitsgericht und der Arbeitgeber auf die Klage eingehen, das berichte ich in einer weiteren Mitteilung auf dieser Plattform.
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