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Weiterbildungszeugnis muss der Wahrheit entsprechen – Chefarzt verliert vor Gericht

Von wohlwollenden Arbeitszeugnissen hatten wir letztes Mal gesprochen. Das Wohlwollen kann auch mal viel zu weit gehen, wie der Fall eines Chefarztes aus Paderborn zeigt:

falsche Zeiten…

Chefärzte, die eine „Weiterbildungsermächtigung“ von ihrer Landesärztekammer besitzen, sind bei Assistenzärzten sehr begehrt, denn es ergeben sich fachliche Synergien in der Klinik, an der gearbeitet wird. Neben sächlichen Voraussetzungen (wie entsprechende medizinische Geräte, an denen der Assistenzarzt unterwiesen wird) braucht der Chefarzt die Erfahrung und Kompetenz, in seinem Fachgebiet, den Jüngeren die, für die spätere Facharztprüfung, vorgeschriebenen Kenntnisse zu vermitteln. Von einem bis zu sieben Jahre kann diese anspruchsvolle Zeit für einen Arzt dauern, je nach Fachgebiet.

… und Inhalte bestätigt

Das Verwaltungsgericht Minden (Aktenzeichen 7 K 1887/20) hatte über den Fall eines Chefarztes für Orthopädie zu entscheiden, der einem jungen Arzt aus Libyen Weiterbildung in Bereichen bestätigt, in denen der Chefarzt selbst gar keine Weiterbildungsermächtigung hatte und die der Assistenzarzt nachweislich nicht in „seiner Klinik“ absolviert hatte. Einem anderen Assistenzarzt bescheinigte der Chefarzt auch noch eine viel längere Weiterbildungszeit, als jener überhaupt in der Klinik gearbeitet hatte.

In einem weiteren Arbeitszeugnis bescheinigte der Chefarzt einem Oberarzt, dieser sei „leitender Oberarzt“ gewesen und sei wiederum selbst „systematisch“ in die Weiterbildung der angehenden Fachärzte eingebunden gewesen, was ebenfalls falsch war.

Weiterbildungsbefungis entzogen

Die Ärztekammer konfrontierte den Chefarzt mit den aufgekommenen Verdachtsmomenten und belehrte diesen fachlich. Der Chefarzt zeigte sich uneinsichtig und verteidigte sein Verhalten worauf die Ärztekammer die Weiterbildungsbefugnis widerrief.

Auf die Klage des Chefarztes bestätigte das Verwaltungsgericht den Entzug der Weiterbildungserlaubnis.

Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 HeilBerG erlassen die einzelnen Kammern – hier die Ärztekammer X1. -M1. – die Weiterbildungsordnung als Satzung, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. In der Weiterbildungsordnung sind (insbesondere) nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 HeilBerG die Voraussetzungen für die Ermächtigung von Kammerangehörigen zur Weiterbildung und für den Widerruf der Ermächtigung nach § 37 Abs. 2 und 4 HeilBerG zu regeln und nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 HeilBerG die Anforderungen, die an das Zeugnis nach § 37 Abs. 3 Satz 2 HeilBerG zu stellen, sind zu regeln. Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 Var. 1 HeilBerG ist die Ermächtigung zur Weiterbildung zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind.

Umgesetzt ist diese Regelung in § 7 Abs. 1 Weiterbildungsordnung. Danach ist die Befugnis zur Weiterbildung ganz oder teilweise zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, insbesondere wenn
– ein Verhalten vorliegt, das die fachliche oder persönliche Eignung der Ärztin/des Arztes als Weiterbilder ausschließt,
– Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die aufgrund dieser Weiterbildungsordnung an Umfang und Inhalt der Weiterbildung gestellten Anforderungen nicht oder nicht mehr erfüllt werden können,
– berufsrechtliche Pflichten in erheblichen Maße verletzt werden.
(VG Minden Urt. v. 7.12.2021 – 7 K 1887/20, BeckRS 2021, 44878 Rn. 41-43, beck-online)

persönlich nicht geeignet

Aufgrund der mehrfachen falschen Bestätigungen, die der Chefarzt ausgestellt hatte ging das Verwaltungsgericht zudem davon aus, dass dem Chefarzt die „persönliche Eignung“ fehlte, weiter als „Ausbilder“ mit Weiterbildungsbefugnis zu arbeiten:

An die – hier allein in Streit stehende – persönliche wie auch die – hier nicht in Zweifel gezogene – fachliche Eignung von Weiterbildern sind daher hohe Anforderungen zu stellen. Die Ermächtigung ist nicht nur zu versagen, falls die Eignung fehlt, sondern bereits dann, wenn sie nicht positiv festgestellt werden kann, mit anderen Worten, wenn Zweifel an der Eignung des Kammermitglieds bestehen, die nicht ausgeräumt werden können. Die fachliche Eignung ist keine bloß formale Voraussetzung, sondern entscheidende Bedingung für eine erfolgreiche Weiterbildung. Eine jeden Zweifel ausschließende Integrität ist zudem vorauszusetzen, da sie die Grundlage des Vertrauensverhältnisses zwischen Anerkennungsbehörde und dem zur Weiterbildung ermächtigten Arzt bildet.
(VG Minden Urt. v. 7.12.2021 – 7 K 1887/20, BeckRS 2021, 44878 Rn. 53, beck-online)

Das Verfahren wurde vor dem Oberverwaltungsgericht Münster ohne eine Veröffentlichung beendet.

Im Ergebnis bedeutet die Entscheidung, dass zu großzügige, insbesondere falsche Zeugnisse für den Aussteller erhebliche berufliche Konsequenzen zeitigen können. Bei Problemen mit Ihrer Landesärztekammer – suchen Sie einen Anwalt auf! Ich berate Sie gerne.

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