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Gefälschte Diplome – Arbeitnehmerin muss fast 150.000 Euro Lohn zurückzahlen

Seit dem 01.01.2018 war eine Mitarbeiterin bei einem Pflegedienst als „examinierte Krankenschwester“ beschäftigt. Augenscheinlich machte sie „ihre Sache“ ganz gut, denn sie wurde erst zur „Bereichsleitung“ befördert und war schließlich ab dem 01.01.2020 als „verantwortliche Pflegekraft im Sinne des Paragraf 71 SGB XI“ tätig.

Die „falsche Krankenschwester“…

Bei der Bewerbung um die Anstellung legte die Mitarbeiterin, wie sich später herausstellte, gefälschte Zeugnisse vor. Nicht nur das Zeugnis über die Teilnahme am Lehrgang „Verantwortliche Pflegekraft für die ambulante und (teil-) stationäre Pflege war gefälscht, es stellte sich auch heraus, dass die von der Bewerberin vorgelegte Urkunde „Führung der Berufsbezeichnung Krankenschwester“ nicht den Tatsachen entsprach.

Die Arbeitgeber erklärten die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung, zusätzlich zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Der Fall kam vor Gericht.

…akzeptiert die Kündigung und muss…

Nachdem sich die falsche Krankenschwester erst noch gegen die Kündigungen gewehrt und geklagt hatte, akzeptierte sie die Kündigungen im Laufe des Rechtsstreits. Das Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil vom 24.08.2021, Aktenzeichen 23 Ca 8812/20) hatte aber noch über eine sehr wichtige Frage zu entscheiden – muss die falsche Krankenschwester bezogenes Gehalt zurückbezahlen?

Normalerweise gilt bei „formalen Fehlern“ im Arbeitsverhältnis dieses dennoch als begründet, man spricht von einem „faktischen Arbeitsverhältnis“ mit – vereinfacht gesagt – der Konsequenz „Arbeit gegen Lohn“. Also könnte die Arbeitnehmerin für ihre tatsächlich geleistete Arbeit auch das branchenübliche Gehalt verlangen und behalten.

Bruttolohn für drei Jahre zurückzahlen!

Anders aber hier: Nur für den Teil, für den sie Arbeit erbringen konnte und rechtlich auch durfte, wurde ihr das Gehalt belassen. Den weit überwiegenden Teil jedoch – rückwirkend für die Dauer von drei Jahren – muss die „falsche Krankenschwester“ an die Arbeitgeber zurückbezahlen, immerhin 147.238,92 Euro.

Krankenschwester ein geschützter Beruf

Wer ohne das Bestehen der staatlichen Prüfung die Berufsbezeichnung Krankenschwester führte, verstieß gegen die damals noch geltenden Par. 21 und Par. 23 Abs.2 des Gesetzes über die Berufe in der Krankenpflege (jetzt geschützt als  „Gesundheits- und Krankenpfleger“ nach dem Pflegeberufegesetz)

Auch die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft setzt praktische Berufserfahrung und Weiterbildungen für leitende Funktionen voraus, Par. 71 Abs. 3 SGB XI. 

Die „falsche Krankenschwester“ war schon keine examinierte Krankenschwester, wie das Arbeitsgericht Stuttgart in seinem Urteil feststellt.

Deshalb war der mit dem Arbeitsvertrag bezweckte Leistungserfolg, nämlich die Ausübung der Tätigkeit als Krankenschwester und darauf aufbauend die Tätigkeit als verantwortliche Pflegefachkraft von der Rechtsordnung missbilligt und mit einem Bußgeld bedroht

sehr teure Täuschung

Nachdem für das Gericht feststand, dass die „falsche Krankenschwester“ noch nicht einmal die Ausbildung zur Krankenschwester absolviert hatte, sah es das Arbeitsgericht als angemessen an, die Grundsätze zur Rückabwicklung eines Arztes ohne Approbation auf den Fall zu übertragen. Der Arbeitsvertrag war demnach bereits von Anfang an nichtig.

Schon das Führen der Berufsbezeichnung Krankenschwester ist ordnungswidrig, damit ist auch die Arbeitsleistung als Krankenschwester schon nach ihrer Art rechts- und gesetzeswidrig,

In der Folge muss die Arbeitnehmerin die bezogene Brutto-Vergütung für drei Jahre fast in voller Höhe zurückbezahlen. Im Ergebnis also eine sehr teure Täuschung, im doppelten Sinne des Wortes.

Dieser Fall wurde von der Kanzlei SNP Schlawien Partnerschaft geführt. Die SNP Schlawien Partnerschaft mbB ist eine der führenden Wirtschaftskanzleien in Deutschland mit einem besonderen Fokus auf den Mittelstand. Mit über 90 Rechtsanwälten, Notaren und Steuerberatern an den Standorten Berlin, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Freiburg, Leipzig, München und Stuttgart berät die Kanzlei ihre Mandanten zu allen rechtlichen und unternehmerischen Aspekten. Führender Berufsträger in diesem Fall ist Rechtsanwalt Christian Lentföhr, u.a. Fachanwalt für Arbeitsrecht.

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