Die Medienberichterstattung über den Mitarbeiter "bei Audi", der sich gegen die Verpflichtung gewandt hat, in…
Umkleidezeit kann Arbeitszeit sein
Regelmäßig gibt es Diskussionen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, ob die „Umkleidezeit“ auch Arbeitszeit ist. In vielen Fällen geben die Arbeitgeber Dienstkleidung und verlangen auch, dass diese im Betrieb während der Arbeitszeit getragen wird. Wird die Dienstkleidung mit nach Hause gegeben, kann der Arbeitnehmer diese auch dort anlegen. „Umkleidezeit“ im eigentlichen Sinn fällt dann gar nicht an. Was aber, wenn der Arbeitgeber verlangt, dass Dienstkleidung getragen wird und sie am Arbeitsplatz angelegt wird?
Dienstvereinbarung regelt Pflicht
Der klagende Arbeitnehmer, ein Krankenpfleger, verlangte von seinem Arbeitgeber, einem Träger eines kommunalen Krankenhauses, für 100 Arbeitstage Umkleidezeit von je 12 Minuten für das An- und Ablegen der vorgeschriebenen Schutzkleidung. Daraus ergäben sich 20 Überstunden. Die Dienstvereinbarung. die das Tragen der vom Arbeitgeber ausgegebenen Kleidung vorschreibe, lasse nur den Schluss zu, dass die Dienstkleidung nicht zu Hause angezogen und auf dem Weg zur Arbeit getragen werden dürfe. Deswegen halte der Arbeitgeber auch spezielle Umkleideräume vor, die ebenfalls benutzt werden müssten.
Das Arbeitsgericht Emden (Az. 2 Ca 5/15) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachen (Az. 11 Sa 1007/15) hatten die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt sah den Anspruch des Klägers dagegen als gegeben an (Az. 5 AZR 382/16).
„besonders auffällige“ Dienstkleidung kann auch weiß sein!
In ihrem Urteil stellen die Richter am BAG fest, dass die Umkleidezeiten zum An- und Ablegen der Dienstkleidung im Betrieb und die Weggleiten vom Umkleideraum zur Arbeitsstelle und zurück vergütungspflichtige Arbeitszeit ist. Im konkreten Einzelfall stellt das BAG fest, dass zu den Tätigkeiten, zu denen der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages verpflichtet ist, auch das An- und Ablegen der vom Arbeitgeber gestellten „besonders auffälligen“ Dienstkleidung gehöre.
Das LAG hatte die weiße Klinik-Kleidung noch als eben nicht „besonders auffällig“ eingestuft – weiß – Ton-in-Ton ist für sich genommen auch nicht besonders „auffällig“. Doch hier widerspricht das BAG (Tz. 19): Die weiße Arbeitskleidung in der Klinik erlaube zwar nicht ohne weiteres die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einem bestimmten Arbeitgeber (anders, wenn ein großes Firmenlogo oder Werbung auf der Dienstkleidung angebracht ist); „um eine besonders auffällige Dienstkleidung handelt es sich jedoch auch, wenn der Arbeitnehmer in der Öffentlichkeit aufgrund der Ausgestaltung seiner Kleidungsstücke mit einem bestimmten Berufszweig oder einer bestimmten Branche in Verbindung gebracht wird.“
Dabei spiele es keine Rolle, ob die Dienstkleidung in dezenten oder auffälligen Farben gehalten ist. „Eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit liegt auch vor, wenn der Kläger die von der Beklagten dafür eingerichteten Umkleidemöglichkeiten für das Anlegen seiner Dienstkleidung nutzt und sich anschließend zu seinem Arbeitsplatz begibt.“ (Tz. 21)