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Abmahnung bei Krankheit?

Arbeitnehmer (AN) haben in Deutschland für die Dauer von bis zu sechs Wochen im Krankheitsfalle Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Zum Nachweis der Erkrankung ist eine sogenannte „Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“ (AUB) vom Arzt auszustellen. Die AUB darf maximal zwei Tage rückwirkend festgestellt werden (Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21.06.2012).

Die Diagnose wird dabei nur der Krankenkasse in verschlüsselter Form mitgeteilt. Der Arbeitgeber erhält den „gelben Zettel“, wie die AUB auch genannt wird, der das Datum der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) und die voraussichtliche Dauer der AU enthält. Die AUB hat als Urkunde, die von einem Arzt ausgestellt wird grundsätzlich einen hohen Beweiswert. Bezweifelt der Arbeitgeber (AG) die Krankheit, kann er die Überprüfung der AUB durch den medizinischen Dienst der Krankenkasse verlangen. Folgt der AN einer Vorladung zum medizinischen Dienst nicht, ist der Beweiswert der AUB erschüttert. Stellt der medizinische Dienst die AU ebenfalls fest bzw. bestätigt er die Feststellung des Arztes, ist für den AN alles „in Ordnung“.

Behauptet der AN krank zu sein, weigert sich aber der Pflicht zur Vorlage der ärztl. AUB (§ 5 I 2 EFZG) überhaupt nachzukommen, kann das einen wichtigen Grund an sich darstellen (LAG Köln 17. 11. 2000 NZA-RR 2001, 367) um nach Abmahnung auch gekündigt zu werden (BAG 15. 1. 1986 AP BGB § 626 Nr. 93).

Ist der AN krank, sollte er im Rahmen des Zumutbaren den AG sofort  über die Arbeitsunfähigkeit informieren. Der Erfurter Kommentar formuliert: „Das Gesetz verlangt vom AN nur, den AG so schnell zu informieren, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist. Das erfordert (im Inland) im Regelfall eine telefonische Nachricht zu Beginn der betrieblichen Arbeitszeit am ersten Arbeitstag (MüKoBGB/Müller-Glöge Rn. 5; Vossen Rn. 247), wenn die prognostizierte AU schon vorher bestand, hilfsweise im Laufe des ersten Arbeitstages.“

Hintergrund ist, dass der AG den Einsatz seiner Arbeitskräfte disponieren und deshalb schnellstmöglich wissen muss, ob ein AN ausfällt und ersetzt werden muss. Der AG kann nach Par. 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG verlangen, dass die AUB bereits am ersten Tag der AU vorgelegt werden muss. (BAG, Urteil vom 14.11.2012 – 5 AZR 886/11).

Die verspätete Vorlage einer Folgebescheinigung ist in ihren Rechtsfolgen umstritten. Während die Rechtsprechung zu einer Analogie des § 5 Abs. 1 EFZG tendiert und auch für diese die 3-Tagesfrist vorsieht, kann dem Gesetz eine Frist dafür jedoch nicht entnommen werden. (ErfK, § 5 EFZG, Rn. 19)

Eine Abmahnung wegen der verspäteten Mitteilung der Erkrankung ist mithin möglich. Die Belastung dadurch  für den AN ist überschaubar. Die Abmahnung ist in ihrer Wirkung zeitlich begrenzt. Eine Kündigung wegen der Verletzung der Vorlage von AUB bei tatsächlich bestehender Krankheit dürfte sich nur schwer begründen lassen, denn bei unverschuldeter Krankheit ist der AN an der Erbringung der Arbeitsleistung tatsächlich gehindert. In Zweifelsfällen konsultieren Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht oder sprechen Sie mit Ihrem Betriebsrat.

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